Dank Erlangen gehen die Uhren richtig

Der Blick auf die Computeruhr ist mittlerweile zur Gewohnheit geworden. Unbemerkt haben dabei täglich zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer Kontakt mit dem Regionalen Rechenzentrum Erlangen.

Wird die Uhr nun eine Stunde vor oder zurückgestellt? Diese Frage stellen sich kommenden Sonntag wohl (erneut) viele. Zum Glück nehmen uns viele Geräte heutzutage diese undankbare Arbeit ab, so zum Beispiel die Computer. Computer beziehen ihre Zeit schon seit fast 30 Jahren auch aus Erlangen. Denn in Erlangen stehen sogenannte Zeitserver, die die Zeit ins Internet übertragen und dadurch für die richtige Anzeige auf den Computern sorgen. Ursprünglich in den 1990er Jahren im Rahmen eines Forschungsprojekts am Lehrstuhl für Informatik 4 der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) aufgebaut, werden die Server nun schon seit 20 Jahren vom Regionalen Rechenzentrum Erlangen (RRZE) betrieben. „Wir haben einige der ältesten Zeitserver Deutschlands und vermutlich weltweit“, erklärt Michael Meier. Er ist am RRZE für die Zeitserver verantwortlich.

Seit vielen Jahren funktionieren die Server praktisch ohne Ausfälle. Diese Zuverlässigkeit wird von den Computern in der Welt mit Treue belohnt. „Wir haben auf jedem der vier Server derzeit mindestens 600.000 Nutzer gleichzeitig.“ Wie der Computer „auf die Uhr schaut“, bekommen die Nutzenden jedoch selten mit. „Viele Betriebssysteme machen automatisch etwa alle 17 Minuten eine Abfrage“, erklärt Meier. Die RRZE-Zeitserver sprechen NTP. „Mit diesem sogenannten Network Time Protocol fragen die Computer nach der aktuellen Zeit und bekommen von den Servern die Antwort.“

Mehrere Server schützen vor falscher Uhrzeit

Allerdings: „NTP kennt keine Zeitzonen, also auch keine Sommer- und Winterzeit“, sagt Meier. Der Computer bekommt die Coordinated Universal Time (UTC) und berechnet je nach gewählter Zeitzone die tatsächliche Zeit. „In der Regel verwendet man dafür drei oder mehr Server, um sich vor falscher Zeit durch einen falsch konfigurierten oder defekten Server zu schützen“, wie Meier sagt. An der FAU beziehen die zentral verwalteten Computer ihre Zeit gänzlich von den eigenen Systemen.

Doch auch die Zeitserver denken sich die Uhrzeit nicht einfach aus. „Wir haben vier Server. Zwei davon bekommen die Zeit von Satelliten von Navigationssystemen wie GPS und zwei aus Mainflingen bei Frankfurt am Main.“ Aus Mainflingen – genauer vom Zeitzeichensender DCF77 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt – kommt das offizielle deutsche Zeitsignal, das auch jede deutsche Funkuhr nutzt. Diese verteilen die RRZE-Zeitserver dann von Erlangen über das Internet weiter. Dank Erlangen gehen die Computeruhren also richtig.

Von diesem stillen Dienst bekommen die meisten Nutzerinnen und Nutzer nichts mit. Nur wer sich selbst um die Zeit an seinem Computer kümmert, trägt eventuell bewusst die RRZE-Server als Quelle ein. In den meisten Fällen werden einfach zufällig gewählte Server aus einer Liste verwendet, in der frei zugängliche Zeitserver, wie die des RRZE, verzeichnet sind.


Text: Corinna Russow