Wer die Informatik-Sammlung Erlangen (ISER) nur in den Räumlichkeiten des Rechenzentrums und der Informatik am Erlanger Südgelände wähnt, muss sich jetzt umorientieren, denn ein Teil der Sammlungsobjekte hat in den Kellerräumen des Neubaus Mathematik / Informatik (NMI) und in Tennenlohe am Wetterkreuz ein neues Zuhause gefunden. (BI97, E. Aures)
Suche nach neuen Archivflächen
Im Juli 2020 erhielt die Informatik-Sammlung Erlangen (ISER) die Hiobsbotschaft bis Dezember des gleichen Jahres den Kellerraum der Informatik räumen zu müssen, da er als Standort für den neuen Rechnercluster des Zentrums für Nationales Hochleistungsrechnen Erlangen (NHR@FAU) vorgesehen war.
Zugleich sollten wegen ihres geplanten Abrisses die Lagerhallen in der Ulrich-Schalk-Straße geräumt werden. Hier wurde als Deadline sogar schon Ende September 2020 genannt. Insgesamt waren rund 110 laufende Meter deckenhohe Regalflächen und 80 Quadratmeter Bodenfläche mit Großgeräten umzuziehen und neu zu organisieren.
Dass die vorhandenen Restkapazitäten in den Kellerräumen des Neubaus Mathematik / Informatik (NMI) bei Weitem nicht ausreichen würden, war von Anfang an klar. So wurde, mit tatkräftiger Unterstützung des Rechenzentrums, mit der Liegenschaftsverwaltung intensiv um neue Archivflächen für die ISER verhandelt.
Die Lösung bestand in der Zuweisung von vier Räumen im ersten Obergeschoss eines Bürogebäudes im Industriegebiet Tennenlohe, Wetterkreuz 3. Zudem kann auch ein weiterer Kellerraum im Neubau Mathematik / Informatik genutzt werden. Diese Lagerflächen sind nun tatsächlich ausreichend für den Umzug der zahlreichen Sammlungsobjekte.
Ein DEC-Labor wird ins Leben gerufen
Da zwei der Räume in Tennenlohe mit Teppichboden ausgestattet sind und bislang als Büros genutzt wurden, reifte die Idee einen dieser Räume als DEC-Labor einzurichten.
In diesem Labor können dann interessierte Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FAU und Gäste die historischen Rechner von Digital Equipments reparieren, in Betrieb setzen und damit experimentieren.
Die ISER umfasst inzwischen eine große Auswahl an DEC-Rechnern, die von der ersten PDP-8 aus dem Jahr 1965 bis zur MicroVAX 3100 aus 1989 reicht.
Umzug mit Überraschungen
So entstand aus dem ersten Entsetzen über einen unausweichlichen Ortswechsel und dem damit verbundenen raschen Umzug auch die Chance einer Neugestaltung. Lagerorte wurden zu Themenfeldern zusammengezogen, sodass nun ein schneller Überblick zum Beispiel über die Bestände von mechanischen Rechenmaschinen oder Apple-Rechnertechnik möglich ist.
Als Ende November sämtliche Planungen, Ausschreibungen und Auftragserteilungen abgeschlossen waren, kam die Durchsage, dass der neue Hochleistungsrechencluster nun doch nicht in den Kellerraum der Informatik ziehen und auch die Lagerhalle in der Ulrich-Schalk-Straße vorerst noch nicht abgerissen werden würde.
War nun alle Arbeit umsonst? Erfreulicherweise nicht. Da der ISER seitens des Rechenzentrums und des Departments Informatik die Gelder für Regalsysteme und Speditionsunternehmen weiterhin zugesagt wurden, stand dem Umzug nach Tennenlohe und in die Kellerräume des NMI ab Januar 2021 nichts im Wege.
Obwohl Corona auch 2021 das öffentliche und berufliche Leben im Griff hatte, kam bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ISER keine Langeweile auf, denn sie waren und sind auch nach wie vor mit der Inventur der umgezogenen und vorhandenen Geräte beschäftigt.
Online-Führung statt Präsenz
Seit einigen Jahren werden ISER-Führungen als Lehrveranstaltungen genutzt. Während der Pandemiezeiten fanden diese Führungen sowie auch die Zuse-Vorführungen, bedingt durch die Corona-Bestimmungen, nicht statt und es musste auf vorhandene Videos zurückgegriffen werden.
Auf besonderen Wunsch eines Dozierenden eines internationalen Studiengangs der Universität Bayreuth wagte sich die ISER sogar an eine Online-Führung mittels Zoom.
Mitarbeit beim mobilen Lernlabor „Technikland“
Eine Sonderausstellung der ISER im Nürnberger Museum Industriekultur im Frühjahr 2016 mündete in eine gute Zusammenarbeit mit dem Förderkreis Ingenieurstudium e.V., der es sich auf die Fahnen geschrieben hat bei Schülerinnen und Schülern Interesse für Naturwissenschaft und Technik und die damit in Verbindung stehenden Studiengänge zu wecken.
Hierzu wurde das „Technikland − auf Tour“ entwickelt, ein mobiles Lernlabor, für das die ISER drei der 30 Stationen entwickelt und gebaut hat. Im Sommer 2021 war das Lernlabor zu Gast im Stadtmuseum Erlangen.
Neuzugänge – die ISER rüstet auf
Eine positive Seite des Corona-Lockdowns war, dass viele Menschen die Zeit nutzten, um ihre Keller und Dachböden aufzuräumen; so kam die ISER zu einigen interessanten Neuzugängen aus privaten Beständen wie beispielsweise zu einem frühen PDP-8 aus dem Jahr 1965.
Und auch innerhalb der FAU hat sich natürlich längst herumgesprochen, dass es eine Sammlung für historische Rechentechnik gibt, sodass die ISER sowohl von Physiologie als auch Dermatologie interessante Objekte übernehmen konnte.
Dem ersten Rechner der Zuse KG in Transistortechnik, einer alten Zuse Z23 von 1962, die an der FAU als erste elektronische Rechenanlage zum Einsatz kam, hat die lange Standzeit bedauerlicherweise nicht gutgetan.
Einige Funktionen sind defekt und benötigen noch einige Stunden der Fehlersuche und Reparatur. Dennoch werden Besucherinnen und Besucher das Flaggschiff der ISER in absehbarer Zeit wieder lautstark rattern hören und live verfolgen können, wenn Daten per Lochstreifen eingelesen und über den Fernschreiber wieder ausgegeben werden.
Kontakt
Führungen durch die Sammlung sowie Vorführungen des ZUSE-Z23-Rechners sind aufgrund der Coronamaßnahmen bis auf Weiteres leider nicht möglich. Falls Sie dennoch bereits jetzt einen Blick auf die Meilensteine der Informations- und Computertechnologie aus 2000 Jahren werfen wollen, schauen Sie gerne auf die Webseite der ISER. Dort wird auch bekannt gegeben, wenn Veranstaltungen wieder durchgeführt werden können.