Er soll Wissenschaftler bei der Entwicklung von Medikamenten unterstützen, Blutströmungen in Aneurysmen oder die Ausbreitung von Rissen in Materialien simulieren, die physikalischen Eigenschaften leichter Atomkerne vorhersagen und vieles mehr: „LiMa“, der neue Supercomputer der Friedrich-Alexander-Universität, wurde am 7. April 2011 im Rahmen eines Festkolloquiums am Regionalen Rechenzentrum Erlangen (RRZE) feierlich eingeweiht.
Das von der japanischen Firma NEC entwickelte Hochleistungssystem schafft bis zu 64 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde und versechsfacht damit die am RRZE verfügbare Rechenleistung. Die Installation des rund 2,3 Mio EUR teuren Systems war begleitet von umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen. Nach vielen Jahren wird nun mit dem neuen Compute-Cluster am RRZE erstmals wieder ein Rechnersystem mit Wasser und nicht nur durch Wärmeabgabe an die Raumluft gekühlt.
Prof. Karl-Dieter Grüske, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität eröffnete die Veranstaltung und freute sich darüber, dass den Erlanger Wissenschaftlern mit LiMa ein Forschungsgerät zur Verfügung steht, das in Deutschland zu den zehn größten seiner Art zählt. Er betonte die Bedeutung des Zugangs zu solchen Systemen für viele drittmittelgeförderte, institutsübergreifende Projekte wie das Engeneering of Advanced Materials (EAM), die Graduate School in Advanced Optical Technologies (SOAT) oder zahlreiche Sonderforschungsbereiche (SFBs). Abschließend wies er darauf hin, dass die von solchen Systemen erzeugten Wärmemengen auf Grund der fehlenden Infrastruktur in Erlangen derzeit ungenutzt bleiben und bei zukünftigen Bauplanungen berücksichtigt werden sollten.
Beeindruckt vom neuen Rechner und den High Performance Computing Aktivitäten in Erlangen, zeigte sich auch Ulrich Hörlein, Abteilungsleiter für Hochschulrecht, Studentische Angelegenheiten, Informations- und Kommunikationstechnologie des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seinem Grußwort. Diese fügten sich nahtlos in die lange Historie Erlangens auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Rechnens ein.
Takayuki Sasakura, Leiter der europäischen HPC-Unit von NEC, und Dr. Gerhard Hergenröder, Technischer Direktor des RRZE, stellten die Herausforderungen eines derartigen Projekts aus Sicht des Herstellers und Betreibers dar. Gemeinsames Fazit war, dass Kompetenz und Engagement der Beteiligten grundlegende Voraussetzungen für den Erfolg im modernen HPC sind.
In fünf Vorträgen wurde das Thema HPC aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet. Eine Bestandsaufnahme lange bekannter Programmierprinzipien für effiziente Programme gaben Prof. Gerhard Wellein, Leiter der HPC-Gruppe am RRZE, und Dr. Rudolf Fischer von der Firma NEC. Obwohl der Wandel hin zu Multicore-Prozessore deren verstärkte Betrachtung erfordere, gerieten sie immer mehr in Vergessenheit, da sie vielfach nicht mehr aktiv vermitteln würden. Prof. Hegering, Mitbegründer und Vorsitzender des Gauss Centre for Supercomputing (GCS), beleuchtete die eindrucksvolle Entwicklung bei der Bildung nationaler und europaweiter HPC-Allianzen und Rechnerprojekte wie etwa PRACE. Die zukünftigen Herausforderungen des Themas Exascale-Computing und deren Auswirkungen auf heutige Entwicklungen analysierten Prof. William Jalby von der Universität von Versailles und Prof. Ulrich Rüde, Inhaber des Lehrstuhls für Informatik 10 (Systemsimulation) an der FAU.
Nach einer weitgehend reibungslosen Abnahmephase vor Weihnachten 2010 wurde das Hochleistungsrechensystem noch einige Zeit im „friendly User“-Mode betrieben, um die Softwareumgebung zu optimieren. Im Februar 2011 gab das RRZE sein neues Arbeitspferd, das in der aktuellen TOP500-Liste weltweit noch Platz 130 einnimmt und zu den TOP10 in Deutschland gehört, dann für den regulären Nutzerbetrieb frei. Die HPC-Gruppe freut sich darauf, zusammen mit seinen Kunden die neuen Möglichkeiten der Maschine auszuloten.
Die Vortragenden: Prof. U. Rüde (FAU), Prof. G. Wellein (RRZE), Prof. K.-D. Grüske (FAU), Dr. G. Hergenröder (RRZE), Dr. R. Fischer (NEC), T.A.H. Schöck (FAU), U. Hörlein (Staatsministerium), em. Prof. H.-G. Hegering, T. Sasakura (NEC) und Prof. W. Jalby (Univ. Versailles), v.l.n.r.
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Dr. Gerhard Hergenröder
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